Gewerkverantwortlicher: z. Zt. nicht belegt
Der Beruf des Stellmachers
Die Herstellung hölzerner Räder und die Anfertigung von vielen landwirtschaftlichen Geräten war über Jahrhunderte die Aufgabe der Stellmacher. Es gab immer großen Bedarf an Wagen, Ackergeräten und gebogenen Holzteilen für Haus und Hof, wie z.B. hölzerne Mühlengetriebe.
Der Beruf erforderte technisches Verständnis, praktische Veranlagung und handwerkliches Geschick im Umgang mit den Handwerksgeräten.
Das meist verwendete Material des Stellmachers war Eichenholz, welches für die Naben, Speichen Felgen und tragenden Teile eines Wagens verwendet wurde. Den Kasten selbst fertigte man aus leichterem Holz wie Linde, Pappel oder Nadelholz.
Bohren, Stemmen, Hobeln und Abziehen, Zapfen und Verleimen musste erlernt und der Umgang mit Werkzeugen geübt werden, zu welchen Breitbeil, Dechsel, Zugmesser und eine Drehbank zum Bohren der Radnabenlöcher zählten.
Stellmacher waren zunächst beim Wagen- und Kutschenbau gefragt, mit dem Aufkommen der Eisenbahn dann als Waggonbauer, später in der Automobilfertigung als Karosseriebauer bis zum Beginn der Fließbandfertigung in den 1920er Jahren.
In einer Stellmacherei wurden daneben auch zahlreiche andere Arbeitsgeräte für die Land-, Hof- und Hauswirtschaft hergestellt, angefangen vom Gerätestiel bis zu hölzernen Werkzeugen und Ackergeräten. Solches stellten auch andere Handwerker wie Stielemacher, Landtischler, Zimmerleute her, was zu starker Konkurrenz unter den Holzhandwerkern führte.
Auf der Diele im Handwerkermuseum hängt bei den holzverarbeitenden Berufen eine Schmuckurkunde. In dieser steht unter Eichenlaub mit eingebettetem Handwerkerzeichen folgender Text:
„Die Stellmacherinnung Blumenthal gibt ihrem Arbeitskameraden Johannes Cherie in Lilienthal zu seinem 40 Geschäftsjubiläum und seiner 32jährigen Mitgliedschaft in der Innung diese Urkunde, Lilienthal, den 21.November 1938“.
In diesem Dokument sind mit Johannes Cherie und Willi Brauer zwei der letzten Lilienthaler Stellmacher genannt. Daneben betrieb Wilhelm Nolte im alten Schulhaus in Falkenberg eine weitere Stellmacherei.
Johannes Cherie (geb. 1872 in der Rheinpfalz) kam vor 1900 auf seiner Wanderschaft nach Lilienthal. Dort arbeitete er beim eingesessenen Stellmacher Cordes (1898?) erst in der Feldhäuser Straße, später in der Hauptstraße 73 / Ecke Schlötelborgstraße in Lilienthal. Johannes Cherie erwarb 1905 das Eckhaus Hauptstraße / Straße nach Trupe und betrieb dort bis zu seinem Tode 1952 eine Stellmacherei.
Willi Brauer war der Sohn von Emil Brauer (geb. Altenbruch/Sachsen). Auch Emil Brauer kam in seiner Wanderschaft nach Lilienthal, fand Arbeit und Unterkunft bei Stellmacher Cordes in der Feldhäuser Straße. Er heiratete Meta Behrens, Erbin der Stelle Feldhäuser Straße 16. Dort richtete er eine eigene Stellmacherwerkstatt ein. Diese führte sein Sohn Willi Brauer bis zu seinem Tode 1959 weiter. Willi Brauer war nicht nur über Jahre Obermeister der Stellmacherinnung, sondern von 1935 bis 1959 auch Wehrführer der Lilienthaler Feuerwehr.
Werkzeuge des Stellmachers
Typische Werkzeuge des Stellmachers sind große Handbohrer (Nabenbohrer), Hobel (Schabhobel, Speichenhobel), Messer (Felgenmesser, Zieh- und Zugmesser), Zirkel (Rad-, Tast-, Stellmacherzirkel), Arbeitsbänke (Felgen-, Dreh-, Schnitzbank), Axt und Beil (Breit-, Seitbeil), Dechsel, Sägen (Spannsägen), Stemmeisen, Zapfenschneider, Speichenklaue und Speichenzieher (Samson), Stellmacherschlüssel, Schmiegen, Schablonen und Lehren (Meßlehre, Speichenlehre), Montageplatte, Wagnerblock und ab etwa 1900 eine Radmaschine.
In „Mittheilungen“ 1844-1845 wurde bereits eine Bohrmaschine für Stellmacher beworben, die für einen hiesigen (Bremer) Stellmacher angefertigt worden war. Diese hatte sich als sehr zweckmäßig und praktisch erwiesen … zum Felgenbohren … Bohren der Dübellöcher auf Hirnseiten … Bohren der Naben …“, und das mit größter Genauigkeit. Die „Einführung der Maschine (bei) Stellmachern … Wagenfabrikanten … Artillerie-Werkstätten … versprach … Zeitgewinn (und) Erleichterung“.
Etliche Werkzeuge eines Stellmachers sind im Handwerkermuseum zu entdecken. Einige davon stammen aus den ehemaligen Stellmacherwerkstätten Cherie und Brauer.
Stellmacher und Schmied
Der Stellmacher fertigte neue Räder und reparierte alte. „Jedoch erst durch die Arbeit des Schmiedes, der die Achsen richtete und in die Achsfutter einband, Eisenreifen auf die Holzräder warm aufzog und sämtliche Beschläge anbrachte, waren Ackerwagen, Pferdekarren, Schubkarre einsatzfähig“. Umgekehrt galt aber auch, Wagen und Karren waren nicht ohne Stellmacher herstellbar. So gab es früher in jedem größerem Dorf neben der Dorfschmiede eine Stellmacherwerkstatt.